Sonntag, 11. Mai 2014

Gott sei Dank!

Ich weiß es ist eine Ewigkeit her, aber dafür dieses Mal wirklich lang, denn diesem hier so wichtigen Thema muss gebührend Platz geboten werden.

Ich sitze hier auf den Stufen vor dem Haus. Neben mir die kleine Hauskapelle, in der die 10 Schwestern gerade Abendgebet halten, vor mir der Sportplatz, wo die 13, von Glauben sprühenden, Aspirantinnen sporteln und hinter mir die Küche, in der unsere zauberhafte Köchin, Talili, während dem Kochen, den Rosenkranz im Radio anhört. 
Wenn ich in der Früh auchwache höre ich die 800 Schüler des Gymnasiums Laura Vicuna, das "Gegrüßet seist du Maria" beten. Wenn ich am Weg zur Arbeit bin, düse ich an der "Imprimerie Dieu existe" (Druckerei Gott existiert), an Autos mit der Aufschrift "Dieu est grand"  (Gott ist groß) und an Leuten von deren Kleidungsstücken die Heilige Maria runterlacht, vorbei.  
Glaube/Gott ist hier überall und dauernd um mich herum. Ich glaub das wird mir aber erst so richtig bewusst werden, wenn ich wieder zu Hause bin! 

Kirche Notre Dame in der Hauptstadt Porto Novo
Ungefähr 40 Prozent der Beniner sind Christen. Somit ist das Christentum offiziel die größte Religion in Bénin. Doch eigentlich ist Bénin das Herkunftsland der Naturreligion Vodoun. Was Vodoun so genau ist (es hat nämlich sehr wenig mit den Voodoo Puppen, die wir kennen zu tun), weiß ich noch immer nicht. Angeblich gibt es viele Leute, die Christen sind aber auch Vodoun praktizieren. Sozusagen in der Früh in die Messe und am Abend zum Vodoun-Priester gehen. Bis jetzt hat mir aber noch keine einzige Person gesagt, dass sie an Vodoun glaubt. Und eigentlich spricht man hier sehr offen über seine Religion. Andauernd fallen Sätze wie „Gott beschütze dich“ und wenn man die Bekanntschaft mit jemanden macht ist eine der ersten Fragen die nach der Religion. Abgesehen vom Christentum und Vodoun spielt der Islam, mit ungefähr 30 Prozent, auf jeden Fall auch eine große Rolle. Vor allem bei meiner Reise in den Norden, konnte ich feststellen, dass um so weiter man in den Norden fährt, die Kirchen von Moscheen ersetzt werden.

Unter das Christentum fällt in Bénin auch die „Eglise de Celeste“. Keine Ahnung ob es diese Glaubensrichtung auch bei uns gibt. Die Anhänger dieser Kirche tragen zum Gottesdienst weiße lange Gewänder und die Frauen müssen ihren Kopf mit einer weißen Haube bedecken. Außerdem  muss man die Schuhe ausziehen bevor man die Kirche betritt. Es kann also schon mal passieren, dass man einen Mann in einem langen weißem Kleid, barfuß mit dem Moped durch die Stadt düsen sieht.

Vor zwei Wochen hatte ich auch die Möglichkeit mit einem Arbeitskollegen in eine evangelische Kirche zu gehen. Wobei ich mir jetzt nicht mehr sicher bin was das genau war. Es war auf jeden Fall nicht das, was bei uns evangelisch bedeutet. Die Messe dauerte 3 Stunden und war geprägt von ganz viel Musik. Jeder hatte seine Bibel dabei und es gab keine gemeinsamen Gebete sondern jeder betete individuell aber laut. Nach dem Motto um so lauter desto besser, schrie mancheiner schon richtig während seinem Gebet. Auch bei der Musik wurde nicht an Boxen gespart und am Ende wurde noch ausgiebig getanzt. Zuerst bildeten die Kinder eine Schlange und tanzten durch die Kirche, dann die Frauen und zum Schluss die Männer.

Als wir die Hauptstadt Porto Novo, eine wirklich schöne Stadt!, besuchten, wollten wir auch die alte Moschee sehen. Ein paar Kinder luden uns ein mit hinein zu gehen, da es gerade Zeit zum Gebet war. Wir bunden uns also unsere Halstücher als Kopftücher um und durften in den Vorhof eintreten. Leider durften wir nicht wirklich in die Moschee hinein, da hier das Gebet nur freitags stattfindet. Bzw. wir hätten schon hinein gehen können aber nur gegen Bezahlung, denn wir sind ja Touristen.

Francesca, unsere neue italienische Volontärin, vor einer Moschee in Portonovo

Auch der Vodoun-Glauben wurde touristengerecht aufbereitet. Es gibt eigene Vodoun-Dörfer, wo man gegen Bezahlung, sehen kann wie verschiedene Zeremonien und Opferungen stattfinden. Das haben wir gerne ausgelassen, denn wir mussten eh schon ungewollt dabei zu sein als ein Schwein geopfert wurde. Wie es dazu gekommen ist? Bei unser österlichen Reise nach Dassa-Zoumé ins landesinnere wollten wir den Königspalast der kleinen, in einer wunderschönen Landschaft gelgenen, Stadt Dassa besichtigen. Der Königspalast, ein etwas schöneres aber normales Haus, steht Besuchern immer offen und auch uns empfing sogleich der Prinz von Dassa. Er erklärte uns, dass es in Bénin 77 Könige gibt, für jeden Bezirk einen. Der König ist dazu da um Streite zu schlichten, die Kultur zu fördern, seinem Volk Rat zu geben, usw. Später erfuhren wir, dass diese 77 Könige aber noch nicht sehr lange existieren. Geschichtlich gab es in Bénin nämlich nur 4 Königreiche. Die heutigen 77 Könige wurden vom Staat erschaffen um die Kultur zu bewahren bzw. was ich eher glaube näher am Volk zu sein, denn in den Dörfern wird dem König noch immer großen Respekt zugewiesen! Diese Kultur ist ganz klar mit dem Vodoun Glauben verbunden denn um heraus zu finden wer der nächste König sein wird, bedarf es einen Vodoun-Priester, der eine Art Orakel liest. Konkret wird eine Kette/Rosenkranz auf den Boden geworfen und je nachdem welche Form daraus entsteht, kann daraus gelesen werden.
Der nette Prinz von Dassa, ungefähr so alt wie ich und gerade dabei seine Matura zu machen, lud uns ein zu einem Fest der Kultur mitzukommen. Da sagten wir natürlich nicht nein. Tänzer und Sänger führten tolle Sachen vor, doch vor allem die Einzüge der vier Könige, die gekommen waren, waren sehr imposant. Jeder kam mit einer ganzen Gefolgschaft von Frauen (ein König MUSS mehrere Frauen haben) und zu Ehren eines Königs wurde feierlich ein Schwein geopfert. Mit Gesang und Tanz wurde ihm die Kehle auf- und ein Ohr abgeschnitten. Doch anstatt es gleich ganz zu töten, lag es ungefähr 20 Minuten leidend und noch immer lebend da. Wie der Prinz uns später erklärte sollte das Blut auf einen "Fetisch-Vodoun-Gegenstand" tropfen.

Auf den einem der 44 Hügeln der Region Dassa




Das wohl wichtigste Tier für den Vodoun-Glauben ist die Schlange. Der Prinz erzählte uns von einem König der sich in eine Schlange verwandelte und noch heute als Schlange lebtund in einer Stadt nahe Cotonou gibt es einen eigenen Schlangentempel mit heiligen Pythons. "Busweise" kommen Touristen dahin und zahlen 2000 Franc um ein Foto mit einer der Schlangen um den Hals zu machen.

Um was es aber genau in diesem Glauben geht, kann ich wirklich nicht sagen. Für mich als außenstehende wirkt das alles einfach komplett fremd und ob die Touristenversion die echte Version ist bezweifle ich auch.

Ich bleibe auf jeden Fall lieber bei meinem katholischen Glauben, finde es aber generell beeindruckend wie hier Religion gelebt wird, egal welche.

Religion ist hier keine Nebensächlichkeit. Nein, es ist der Mittelpunkt des Lebens um den sich alles dreht, nach dem sich alles richtet. Religion ist für die meisten Menschen hier also enorm wichtig. Und trotzdem ist das Land sehr friedlich und es gibt keine Konflikte zwischen den verschiedenen Religionen. Gott sei Dank!


1 Kommentar:

  1. Das sind echt tolle Erfahrungen! :) Denke oft an dich und wünsche dir noch viel Kraft und Spaß für die letzten Monate. Freue aber auch wenn wir dich wieder haben :)

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