Donnerstag, 28. November 2013

Wir sind die Kinder aus Djidjé

Djidjé: Dieses schwierig auszusprechende Wort beschreibt eines der Viertel der Stadt Cotonou. Djidjé liegt direkt an der Lagune und wird sozusagen als Mülleimer der Stadt verwendet. Generell existiert hier zwar kein wirkliches Müllentsorgungssystem (man verbrennt den Müll einfach selbst oder schmeißt ihn auf die Straße), aber es gibt schon auch vereinzelte Sammlungen, um die Straßen von Müll zu befreien. Das wird dann oft einfach in die Lagune geschmissen. Die Leute, die in  Djidje wohnen, sehen die Müllberge aber auch als Landgewinnung und bauen ihre Stelzenhäuser darauf. Und genau dort, „wo die Kinder im Müll spielen“ stehen zwei der fünf Espaces Eveils (Kindergärten) der DonBosco Schwestern. Genau dort wird nämlich auch nicht die Wichtigkeit der Bildung erkannt bzw. ist nicht das nötige Geld dafür vorhanden, da Kindergärten normalerweise etwas kosten. Die Espaces Eveils sind also gratis und es wird viel Wert darauf gelegt, dass wirklich jedes Kind nach den 2 Jahren auch in die Schule eintritt.


In Djidjé verbringe ich 3 Vormittage pro Woche gemeinsam mit zwei einheimischen „KindergärtnerInnen“, unter Anführungszeichen weil man sich die nicht wie eine Kindergärtnerin in Österreich vorstellen darf – die meisten sind hier auch Männer! Auch der Raum ist eher wie ein Klassenzimmer aufgebaut – mit einer Tafel, Tischen  und Bänken, denn die Kinder sollen ja auch die ersten Wörter auf Französisch lernen. Und trotzdem erkenne ich einige Elemente aus meinem 2-wöchigen Praktikum in einem österreichischen Kindergarten wieder. Wenn die Kinder ankommen gibt es nämlich immer erstmal die Spielezeit. Wir haben natürlich nicht soviel Auswahl an verschiedenen Aktivitäten, aber es gibt viele Duplosteine und Bücher, die die Kinder aber leider oft zerreißen und ich deswegen zwei Stunden lang wieder zusammengeklebt habe ;) Trotzdem find ich es aber immer toll wenn sich mehrere Kinder gemeinsam ein Buch anschauen und gemeinsam darüber diskutieren um was es darin geht und was sie auf den Bildern sehen.


Danach werden ein paar französische Vokabeln gelernt, französische Lieder gesungen und Sprüche aufgesagt. Zum Beispiel: Mon pays s’appelle le Bénin. Son Drapeau a trois couleurs: vert, jaune et le rouge. (Mein Land heißt der Benin. Seine Flagge hat drei Farben: grün, gelb und rot.)
Deswegen sind wir im Moment auch dabei die Farben auf Französisch zu lernen.  Letzte Woche haben wir mit der Farbe Gelb begonnen: Jedes Kind sollte etwas Gelbes im Raum finden und hat dann dafür einen gelben Stift bekommen. Damit haben sie dann kleine Zettel angemalt um diese dann in kleine Stücke zu zerreißen. Ich hab einen großen Vogel gemalt (denn das Wort Vogel können sie schon auf Französisch sagen), den wir mit dem kleingerissenen Papier beklebt haben. Dann ging’s noch hinaus und ich hab mit dem gelben Vogel in der Hand verschiedene Aktivitäten mit den Kindern gemacht (wie z.B. der Vogel fliegt hoch/tief/im Kreis).



Am liebsten hab ich es aber wenn getrommelt und getanzt wird und das wird Gott sei Dank fast jeden Tag gemacht! Da haut’s mich immer fast aus den Socken wenn ein 4-jähriger Bub einen nicht gerade einfachen Rhythmus auf der Trommel spielt und alle anderen Kinder dazu ausgelassen tanzen. Im Moment wird auch ein Tanz, passend zu dem Lied "Wir sind die Kinder aus Djidjé" (ein selbsterfundenes Lied auf Fon) für die Weihnachtsfeier mit den Eltern vorbereitet. Manche Kinder wollen jedoch gar nicht aufhören sich zu bewegen und tanzen auch im Klassenraum herum wenn sie eigentlich gerade auf die Tafel schauen sollte. Liebend gern wird auch an meinem Gewand herumgezogen um meine Aufmerksamkeit zu erlangen und meine T-Shirts werden deswegen bald doppelt so groß sein ;)


Oft versteh ich dann eh nicht was sie jetzt von mir wollen, weil die Kinder ja alle nur Fon reden aber die wichtigsten Sachen (wie z.B. ich will Wasser trinken) versuch ich mir gerade zu merken. Genauso wie ich gerade versuche mir die Namen der ganzen Kinder zu merken! Hier noch zum Abschluss ein paar davon: Merveille, Jacques, Djojgougou, Ayomide, Zita, Ange, Hélène, Charbelle, Ezahou, Missimahou, Jesudin, Elolo, Cyriaque, Bernard, Junior, Monique, Félicité, Kelobou, Toussaint, Cephal,......und noch viele mehr!




Montag, 18. November 2013

„Entschuldigung, das hab ich jetzt nicht verstanden.“

Jaja, das Problem der Sprachen. Für mich ist es hier ja nicht nur eine neue Sprache, sondern gleich zwei: die offizielle Landesprache Französisch und die in Cotonou regionale Sprache Fon.

In ganz Bénin gibt es sogar 53 verschiedenen Sprachen! Manche davon sind ein bisschen ähnlich und man kann sich trotzdem verstehen, wenn auch vielleicht nicht in der anderen Sprache reden. Manche davon sind aber auch komplett andere Sprachen.
Es gibt hier z.B. Leute, die sieben verschiedene Sprachen sprechen oder zumindest verstehen können!
Also da bin ich mit meinem Deutsch (das hier gar nicht zu gebrauchen ist), Englisch (das nur wenige Leute sprechen bzw. hauptsächlich Leute, die aus Ghana oder Nigeria kommen) und noch etwas dürftigen Französisch (das, obwohl es die offizielle Sprache ist, auch nicht jeder kann) ein bisschen hinten nach.

Jeder der in Bénin die Schule besucht kann Französisch weil in der Schule wird auf Französisch unterrichtet bzw. am Anfang natürlich auch noch in den Muttersprachen, denn zu Hause reden viele Kinder kein Französisch. Um diesen Einstieg in die Schule aber schon mal zu erleichtern wird schon im Kindergarten angefangen französisch zu lernen. Trotzdem stell ich es mir unheimlich schwierig in einer Sprache schreiben zu lernen, die ich noch nicht mal wirklich sprechen kann!
Die beninische Politik ist zwar gerade dabei auch sechs ausgewählte Muttersprachen (unter anderem Fon) als Unterrichtsfach einzuführen, doch die erste und offizielle Sprache ist noch immer Französisch, das aber aufgrund einer Analphabeten Rate von ungefähr 60% - bei Frauen sogar noch höher-  dementsprechend viele Leute gar nicht sprechen. Ist ja auch eigentlich verrückt, wie einem Land aufgrund der Kolonialisierung eine andere Sprache auf’s Aug gedrückt wird. Andererseits ist es natürlich auch eine Chance, denn mit Französisch kann man sich ja nun nicht nur in fast ganz Bénin verständigen sondern in vielen Ländern Afrikas (Togo, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Kamerun, Niger, Mali,....).

Beim „irgendwie“ verständigen auf Französisch bin ich mittlerweile zwar auch schon angelangt aber ich glaub oft brauch ich meiner/m Gesprächspartner/in gar nicht sagen, dass ich das jetzt nicht verstanden hab weil mir so ein großes Fragezeichen ins Gesicht geschrieben steht. Doch selbst Franzosen sagen, dass der Akzent hier manchmal schwer zu verstehen ist;)
Morgen starten wir drei Volontärinnen aber mit einem Französischkurs, denn all unsere Freunde können super Französisch sprechen und man will sich natürlich auch über andere Dinge als das Wetter unterhalten ;)

Die Wörter, die ich bis jetzt auf Fon sagen (und auch richtig aussprechen) kann, kann ich noch an einer Hand abzählen. Den Kindern macht es zwar sehr viel Spaß uns ein paar Wörter beizubringen, doch haben sie bei unserer Aussprache oft was zu lachen! Da gibt es einfach Laute, die wir in unserer deutschen Sprache gar nicht gebrauchen.


Doch auch trotz so mancher Sprachprobleme durfte ich schon ganz tolle Bekanntschaften machen und konnte gerade deswegen lustige Momente erleben. Zum Beispiel behauptete ich einmal steif und fest, dass ich Sportschuhe gegessen habe, weil ich das Wort baskets mit pastèque (Wassermelone) vertauscht habe ;)

Zum Schluss gibts noch ein Foto, damits nicht nur Text ist. Von unserem Zimmer aus können wir nämlich gut das Treiben der Schule Laura Vicuna, die von den Schwestern geführt wird, beobachten bzw. werden wir immer vom morgendlichen Aufmarsch aller Schüler geweckt.


Mittwoch, 13. November 2013

Am Markt

Pia und ich waren nun schon „shoppen“ am Markt weil unsere Kleidung hier ziemlich schnell kaputt geht. Beim Handeln haben wir zwar noch keine Routine, aber ich hab schlussendlich für eine Bluse 750 FCFA statt, die am Anfang gewollten, 2000 FCFA gezahlt.

Abgesehen von diesem Ausflug auf den Markt, ist der Markt für mich aber hauptsächlich ein Arbeitsplatz.  Zwei Vormittage und Nachmittage verbringe ich in der Baracke „SOS Vidomégon“. Gerade genug Zeit, dass ich jetzt schon ein paar Namen der Mädchen kenne, die mich liebevoll Tata Ananas nennen J (Man redet hier generell jeden mit dem Vornamen an und setzt als Höflichkeitsform bei Frauen Tata und bei Männern Fofo davor, also bei mir normalerweise Tata Anna)

Wenn ich also mit dem Zèm am Markt ankomme kommen mir oft gleich mal 10 Männer entgegen, die mich fragen wo ich hinfahren will. Neben der Baracke ist nämlich ein Bus/Taxi Parkplatz, aber schön langsam wissen manche, dass ich jedes Mal auf Neue nicht wegfahren will. Am Vormittag sind immer nur wenige Mädchen in der Baracke, weil die meisten arbeiten. Ab Mittag geht’s dann richtig los und am Nachmittag fühlt sich der kleine Raum manchmal mit bis zu 20 Mädchen (ungefähr zwischen 11 und18 Jahren). Obwohl ich nicht wirklich viel mit ihnen reden kann, weil nur wenige Französisch sprechen, umarmen mich manche zur Begrüßung, lachen und schreien: „tata ananas!“.  Mir fällt es sehr schwer mich in ihr Leben hinein zu versetzen. Wenn ich mit ihnen spiele oder zeichne, vergesse ich oft, dass sie wirklich selbst ihr Geld verdienen müssen um sich Essen kaufen zu können. Wenn dann aber z.B. auf einmal ein Riesenstreit entsteht, weil einem Mädchen 100 FCFA im Geldbeutel fehlen, werd ich ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Bei so einem Streit mischen sich nämlich gleich mal alle ein und dann artet das recht schnell aus. Ich, die ich ihre Sprache nicht versteh, steh dann eher nur hilflos daneben.
Hilflos hab ich mich am Anfang auch gefühlt wenn sie am Abend wieder ihre Ware auf den Kopf packen und man nichts dagegen tun kann, dass sie jetzt wieder in den Gassen des Marktes verschwinden, um zu arbeiten. Doch wir Volontäre und Tata Claudine, die schon seit 13 Jahren jeden Tag für die Mädchen da ist, können einfach nur versuchen, dass eine Anlaufstelle  vorhanden ist bzw. einfach jemand da ist der sich mit ihnen beschäftigt.

Am Vormittag, wenn wenige da sind, klappts auch schon ganz gut gemeinsam ganz einfache kleine Säckchen zu nähen und mit der Nähmaschine zu nähen finden sie gaaaanz cool.  Am Nachmittag spielen wir von Uno über HalliGalli bis zu Schwarzer Peter alles was der Spieleschrank so zu bieten hat, zeichnen etwas oder machen das was uns gerade einfällt. Einmal haben wir z.B. die Trommeln hervorgeholt und haben getanzt. Das finden sie immer ganz lustig wenn ich versuche so zu tanzen wie sie. :) 









Dienstag, 5. November 2013

Grand Popo


Für eine Wochenende raus aus der belebten Stadt und ab nach Grand Popo. Auch an der Küste gelegen, doch ca. 2 Stunden Fahrtzeit weiter westlich als  Cotonou liegt das ruhige Fischerdorf Grand Popo mit einigen Hotels und Bars für Touristen.

Die Fischer am Strand von Grand Popo.
Uns wurde gesagt nach Grandpopo kommt man besten mit dem Taxi, also zahlten wir jede unsere 2500 Franc (ungefähr 3,50Euro) und stiegen in das vollbeladene Auto (vollbeladen heißt hier 4 Leute auf der Rückbank und 2 Leute auf dem Beifahrersitz). Wir hatten uns mit Orangen und Brot für die Fahrt ausgestattet, doch wir wären auch ohne nicht verhungert, weil man am Straßenrand jederzeit einen „DriveIn“ machen kann. Bei der Rückfahrt haben wir dieses Angebot auch genutzt und haben uns bei den Damen, die ihre Ware immer am Kopf tragen – direkt aus dem Auto raus – kleine frittierte Fische und undefinierbare weiße „Breipatzn“ gekauft. Sehr lecker!

In Grandpopo angekommen überrollte uns erstmal die entspannende Ruhe und die saubere Luft, die wir von Cotonou gar nicht gewöhnt sind! Es war wirklich paradiesisch schön sich dort am Strand ausruhen zu können und einfach mal die Seele baumeln zu lassen. Doch leider konnte man auch dort nicht schwimmen weil die Strömung und die Wellen einfach zu stark sind!




Abends mussten wir natürlich auch das Nachtleben von Grandpopo entdecken, denn alle erzählten uns schon von einem Konzert von „Rebecca“, einer beninischen Sängerin. Doch auf der Bühne fanden sich nicht nur sie, sondern auch einige Tänzer und Trommler, ein. Vor allem die Tänzer haben uns sehr fasziniert und Pia und ich haben uns ganz vorne hingestellt um alles zu sehen. So konnten wir zwar alles sehen aber auch Rebecca konnte uns sehen und holte uns sogleich auf die Bühne um zu tanzen. Da sie traditionelle beninische Musik macht konnten wir ihren Gesang  - außer dem Wort Yovo = Weißer -  nicht verstehen. Wir machten aber einfach mit und versuchten mit den Tänzern mitzuhalten. War wirklich lustig, aber auch wirklich anstrengend und ich glaub gute Unterhaltung für das Publikum, wenn die „Yovos“ da so auf der Bühne rumhüpfen. Es gibt hier nämlich einen ganz eigenen Tanzstil, den wir noch nicht so ganz drauf haben! Um das Tanzen ein bisschen zu praktizieren sind wir dann gleich noch in eine Disco gegangen und waren überrascht, dass die Leute hier wirklich zum Tanzen weggehen. Ich hab in der Disco niemanden gesehen, der einfach nur herumsaß und sich betrank – wirklich jede/r hat getanzt und wirklich jede/r konnte richtig gut tanzen!

Nach einer letzten Portion Reis mit Soße und Fleisch (wobei man für die einzelnen Stücke Fleisch in der Soße einzeln verhandeln muss)  in einem kleinen Straßenrestaurant, das dieses Wochenende schon zu unserem Stammlokal wurde, haben wir uns wieder auf den Heimweg gemacht.



Als wir wieder bei den Schwestern angekommen sind, hab ich gemerkt dass es für mich schon fast ein Nachhause kommen ist, hierher zurück zu kommen! Schön langsam fühle ich mich vertraut mit den Orten und Menschen, mit denen ich hier lebe!